Ab wann ist Ihr Unternehmen von den CSRD-Berichtspflichten betroffen?
Die neuen CSRD-Regeln greifen schrittweise ab 2024 und erfassen deutlich mehr Unternehmen als bisher.
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) markiert einen bedeutenden Wandel in der europäischen Berichtslandschaft. Sie erweitert und verschärft die Anforderungen an die Berichterstattung über Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) erheblich. Unternehmen in der Europäischen Union, aber auch solche außerhalb der EU mit wesentlichen Aktivitäten im Binnenmarkt, sind verpflichtet, sich intensiv mit den neuen Vorgaben auseinanderzusetzen. Das zentrale Anliegen der CSRD ist es, verlässliche, vergleichbare und umfassende Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen, um nachhaltige Investitionen zu fördern und den europäischen Wirtschaftsraum auf einen zukunftsfähigen Pfad zu bringen.
Doch ab wann sind die neuen Berichtspflichten für Ihr Unternehmen relevant, und welche Kriterien bestimmen den Zeitpunkt des Einstiegs in die CSRD-Ära? In diesem Beitrag werden die zeitliche Staffelung, die betroffenen Unternehmensgruppen sowie die praktischen Schritte, die für eine erfolgreiche Vorbereitung notwendig sind, ausführlich erläutert. Zudem werden aktuelle Entwicklungen, neueste Fakten und die jüngst verabschiedeten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) betrachtet, um ein möglichst umfassendes Bild des aktuellen Stands (Stand 2023/2024) zu vermitteln.
Hintergrund: Die CSRD als Teil der Sustainable-Finance-Agenda der EU
Die CSRD ist ein Schlüsselelement des Europäischen Green Deals und des Aktionsplans für Sustainable Finance. Mit diesen Maßnahmen will die EU nicht nur ihre ambitionierten Klimaziele erreichen – nämlich bis 2050 klimaneutral zu werden –, sondern auch den Kapitalfluss in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken. Bislang war die nichtfinanzielle Berichterstattung durch die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) geregelt, die seit 2017 gilt. Doch nur rund 11.600 Unternehmen in der EU fielen unter deren Anwendungsbereich, hauptsächlich große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden.
Die NFRD wurde jedoch vielfach als unzureichend kritisiert: zu wenige Unternehmen berichtspflichtig, zu inhomogene Standards, kaum Vergleichbarkeit, wenig Verlässlichkeit. Die CSRD soll diese Defizite beheben. Am 5. Januar 2023 trat sie in Kraft, nachdem sie am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Die Richtlinie erweitert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen auf geschätzte rund 50.000 und führt verbindliche europäische Berichtsstandards ein.
Wer ist von der CSRD betroffen?
Die CSRD weitet den Geltungsbereich deutlich aus. Grundsätzlich richtet sie sich an folgende Unternehmensgruppen:
- Große Unternehmen in der EU:
Unter die CSRD fallen alle großen Unternehmen mit Sitz in der EU, unabhängig davon, ob sie kapitalmarktorientiert sind oder nicht. Als „groß“ gelten Unternehmen, die an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:- Mehr als 250 Mitarbeitende
- Mehr als 40 Millionen Euro Umsatz
- Mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme
- Kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen (KMU):
Kapitalmarktorientierte KMU, also solche, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt in der EU notiert sind, müssen zukünftig ebenfalls berichten. Allerdings gibt es für diese Unternehmen eine längere Übergangsphase. Diese zusätzliche Schonfrist soll sicherstellen, dass kleinere börsennotierte Unternehmen die Möglichkeit haben, die notwendigen Prozesse und Ressourcen aufzubauen. - Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen:
Auch kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene Versicherungsunternehmen sind in die Berichtspflichten einbezogen, sofern sie an geregelten Märkten notiert sind oder die Größenkriterien erfüllen. - Nicht-EU-Unternehmen mit erheblicher EU-Präsenz:
Neu ist auch, dass große Nicht-EU-Unternehmen, die einen Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro in der EU erzielen und über mindestens eine große Tochtergesellschaft oder Niederlassung in der EU verfügen, ab 2028 nach CSRD berichten müssen. Damit will die EU sicherstellen, dass auch globale Konzerne, die am europäischen Markt agieren, nichtfinanzielle Informationen nach einheitlichen Standards offenlegen.
Ab wann gelten die neuen Berichtspflichten?
Die CSRD sieht eine gestaffelte Einführung der Berichtspflichten vor, um einen geordneten Übergang sicherzustellen. Die Zeitachse ist wie folgt:
- Ab 2024 (Berichterstattung in 2025):
Unternehmen, die bereits unter die NFRD fallen, sind die Ersten, die nach den neuen Regeln berichten müssen. Das heißt, große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden, die bislang schon nichtfinanzielle Informationen offenlegten, erstellen ihren ersten CSRD-konformen Bericht für das Geschäftsjahr 2024. Veröffentlicht wird dieser in 2025. Diese Unternehmen verfügen meist bereits über Strukturen zur nichtfinanziellen Berichterstattung, müssen diese aber an die neuen Anforderungen anpassen. - Ab 2025 (Berichterstattung in 2026):
Alle anderen großen Unternehmen, die bislang nicht berichtspflichtig waren, folgen ab dem Geschäftsjahr 2025. Dazu gehören auch große nicht-börsennotierte Unternehmen, die die oben genannten Größenkriterien erfüllen. Der erste Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD wird dann im Jahr 2026 veröffentlicht. - Ab 2026 (Berichterstattung in 2027):
Kapitalmarktorientierte KMU, kleine und nicht komplexe Kreditinstitute sowie firmeneigene Versicherungsunternehmen starten ab dem Geschäftsjahr 2026 mit der CSRD-Berichterstattung. Der erste Bericht erscheint somit 2027. Diese Übergangsphase soll den KMU Zeit geben, ihre internen Prozesse anzupassen, Know-how aufzubauen und eventuell externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Wichtig: KMU haben zudem die Option, die Anwendung einmalig um weitere zwei Jahre aufzuschieben (Opt-Out), wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Somit können sie sich noch bis zum Geschäftsjahr 2028 Zeit verschaffen. - Ab 2028 (Berichterstattung in 2029):
Große Nicht-EU-Unternehmen mit signifikanter Präsenz in der EU müssen ab dem Geschäftsjahr 2028 berichten, wobei die erste Veröffentlichung des Berichts dann im Jahr 2029 erfolgt. Diese Neuerung soll Wettbewerbsverzerrungen vermeiden: Große internationale Konzerne, die in der EU tätig sind, sollen denselben Regelungen unterliegen wie europäische Unternehmen ähnlicher Größe.
Die Rolle der European Sustainability Reporting Standards (ESRS)
Eine wesentliche Neuerung der CSRD ist die Einführung verbindlicher EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS). Entwickelt werden sie von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG). Nachdem der Entwurf der ESRS im April 2022 zur öffentlichen Konsultation veröffentlicht wurde, hat die EU-Kommission im Juli 2023 die ersten Setzungen der ESRS angenommen. Diese Standards definieren genau, welche Informationen offengelegt werden müssen, welche Kennzahlen relevant sind und wie die Angaben zu präsentieren sind.
Die ESRS umfassen Themen wie Klimawandel, Biodiversität, Ressourcennutzung, Menschenrechte, Arbeitsbedingungen, Diversität und Unternehmensführung. Sie orientieren sich am Prinzip der doppelten Materialität: Einerseits müssen Unternehmen berichten, wie Nachhaltigkeitsfaktoren ihre Geschäftsentwicklung beeinflussen (Inside-Out-Perspektive), andererseits aber auch, wie ihre Tätigkeiten auf Umwelt, Gesellschaft und Stakeholder wirken (Outside-In-Perspektive).
Die Einhaltung der ESRS ist Pflicht, was im Gegensatz zur bisherigen Praxis steht, in der Unternehmen auf verschiedene freiwillige Standards (GRI, SASB, TCFD, etc.) zurückgreifen konnten. Die ESRS werden sich dynamisch weiterentwickeln und an neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie regulatorische Vorgaben anpassen. Dies erfordert von den Unternehmen, wachsam zu bleiben und kontinuierlich ihre Berichtsprozesse anzupassen.
Praktische Vorbereitung auf die CSRD-Berichtspflichten
Um den neuen Anforderungen der CSRD gerecht zu werden, sollten Unternehmen frühzeitig mit den Vorbereitungen beginnen. Folgende Schritte sind sinnvoll:
- Identifikation des Startzeitpunkts:
Ermitteln Sie zunächst, ab wann Sie berichten müssen. Prüfen Sie die Größenkriterien, den Status Ihres Unternehmens (börsennotiert oder nicht) und ob Sie bereits unter die NFRD fielen. Auch potenzielle Nicht-EU-Unternehmen sollten ihre Marktpräsenz in der EU überprüfen. - Gap-Analyse und Reifegradbestimmung:
Vergleichen Sie Ihren aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit den künftigen Anforderungen. Viele Unternehmen berichten bereits über ESG-Themen, jedoch oft nicht in der vom ESRS geforderten Tiefe. Eine Lückenanalyse (Gap-Analyse) hilft, Verbesserungsbedarf zu erkennen und Prioritäten zu setzen. - Aufbau von Datenmanagement und IT-Infrastruktur:
Die CSRD erfordert ausführlichere, quantitativere und vergleichbarere Daten. Dies kann den Einsatz neuer IT-Systeme und Tools für Datenerfassung, Konsolidierung und Qualitätssicherung erforderlich machen. Achten Sie darauf, dass Sie die gesamte Wertschöpfungskette betrachten, da die Anforderungen auch Zulieferer und Lieferketten betreffen können. - Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Schulungen:
Nachhaltigkeitsberichterstattung ist kein Thema der CSR-Abteilung allein. Sie erfordert die Einbindung von Finanz-, Rechts-, Beschaffungs-, Personal- und Kommunikationsfunktionen. Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden und sensibilisieren Sie Ihre Führungskräfte für die neuen Anforderungen. Entwickeln Sie interne Richtlinien, um die Konsistenz der Berichterstattung sicherzustellen. - Externe Prüfung und Beratung:
Die CSRD schreibt vor, dass Nachhaltigkeitsberichte einer externen prüferischen Durchsicht unterzogen werden. Unternehmen sollten frühzeitig Kontakt zu Wirtschaftsprüfern oder anderen Prüfstelle-Anbietern aufnehmen, um sicherzustellen, dass sie die Qualitätsanforderungen erfüllen. Auch spezialisierte Berater können helfen, komplexe Themen wie die EU-Taxonomie oder die genaue Anwendung der ESRS zu verstehen. - Fortlaufendes Monitoring regulatorischer Entwicklungen:
Die CSRD ist nur ein Teil des Gesamtbildes. Nachhaltigkeitsreporting ist dynamisch: Die EU-Taxonomie wird stetig erweitert, die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) beeinflusst die Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer, und globale Standards des International Sustainability Standards Board (ISSB) könnten mittelfristig an Bedeutung gewinnen. Unternehmen sollten auf dem Laufenden bleiben, um auf neue Vorschriften schnell reagieren zu können.
Chancen und Nutzen der CSRD für Unternehmen
Auch wenn die Ausweitung der Berichtspflichten zunächst zusätzlichen Aufwand mit sich bringt, bieten sich Unternehmen langfristig Chancen:
- Wettbewerbsvorteile: Unternehmen, die hohe ESG-Standards erfüllen und dies glaubwürdig belegen, können sich im Wettbewerb differenzieren, neue Kundengruppen ansprechen und attraktive Arbeitgeber für ESG-bewusste Talente werden.
- Verbesserter Zugang zu Kapital: Investoren achten zunehmend auf ESG-Kriterien. Eine zuverlässige, standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung kann dazu beitragen, das Vertrauen von Kapitalgebern zu stärken und den Zugang zu Finanzierungen zu verbessern.
- Risikomanagement: Durch das systematische Erfassen von ESG-Faktoren entwickeln Unternehmen ein besseres Verständnis für langfristige Risiken (z. B. Klimarisiken, Lieferkettenunterbrechungen, Reputationsschäden). Dies ermöglicht frühzeitige Gegenmaßnahmen und erhöht die Widerstandsfähigkeit.
- Effizienzsteigerungen und Innovation: Eine gründliche Analyse von Ressourcenverbräuchen, Emissionen und sozialen Herausforderungen kann interne Effizienz- und Innovationspotenziale freisetzen. Beispielsweise können Energieverbrauch und Abfälle reduziert, nachhaltige Lieferantenbeziehungen aufgebaut oder neue Geschäftsfelder erschlossen werden.
Fazit
Die CSRD läutet eine neue Ära der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa ein. Mit klaren Zeitfenstern, einem erweiterten Adressatenkreis und verbindlichen EU-Berichtsstandards wird die Transparenz über unternehmerische Nachhaltigkeitsleistung deutlich zunehmen. Für Unternehmen bedeutet dies: mehr Aufwand, aber auch mehr Chancen auf langfristigen Erfolg in einem Umfeld, in dem nachhaltiges Wirtschaften zur Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit, Investorenvertrauen und soziale Akzeptanz wird.
Die zeitliche Staffelung schafft Anreize, sich frühzeitig auf die neuen Pflichten vorzubereiten. Unternehmen sollten ihre Prozesse, Daten und Kompetenzen jetzt auf den Prüfstand stellen, um reibungslos in das CSRD-Regime überzugehen. Wer die Zeit nutzt, die Anforderungen umfassend umzusetzen, wird langfristig von einer soliden Positionierung im wachstumsstarken Markt für nachhaltige Produkte, Dienstleistungen und Finanzierungsoptionen profitieren.